Weltfrauentag: Gleichstellung in Zeiten von Corona

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Prof. Dr. Petia Genkova

Prof. Dr. Petia Genkova befasst sich nicht nur in Lehre und Forschung mit frauenpolitischen Themen, sondern ist zudem Sprecherin des Gleichbehandlungsausschusses des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen sowie Teil des Vorstands des Frauenrats NRW. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März hat Genkova die Auswirkungen der Coronakrise auf Frauen und Mädchen rekapituliert.

Die Corona-Pandemie und die zur Eindämmung getroffenen Maßnahmen betreffen bereichsübergreifend nahezu Menschen aus aller Welt. Frauen und Mädchen sind dabei jedoch am stärksten betroffen, sodass sich die Pandemie immer mehr zu einer Krise für Frauen entwickelt. Besonders unter dem Aspekt, dass sich in Krisensituationen häufig Ungleichheiten verschärfen.

Frauen üben vermehrt berufliche Tätigkeiten aus, bei denen sie einem erhöhten Risiko einer COVID-19-Infektion ausgesetzt sind. Um genau zu sein machen Frauen weltweit 70% des Personals in sozialen und in Pflegeberufen aus. Als „systemrelevante Heldinnen“ arbeiten Frauen im Pflegebereich, im Gesundheitswesen sowie in Supermärkten und in Bildungseinrichtungen. Und obwohl diese Arbeit für die Wirtschaft und für den Wohlstand existenziell ist, sind diese Berufe häufig schlecht bezahlt. So erhalten viele der Frauen auch in Zeiten von Corona, in denen die Relevanz der Berufe betont wird, trotz Beifall weiterhin selten faire Löhne. Hinzu kommt noch, dass sie im Schnitt dreimal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer leisten. Frauen haben in Zeiten von Corona zwar gesellschaftliche Anerkennung erhalten, doch von den wirtschaftlichen Folgen dieser Krise sind sie dennoch besonders stark betroffen.

Aufgrund der starken ökonomischen Krise wurden sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene Hilfsmaßnahmen in Milliardenhöhe umgesetzt. Allerdings haben Analysen gezeigt, dass diese Konjunkturpakete nicht geschlechtergerecht verteilt werden. Die Hilfen kommen weitaus mehr in Branchen an, die von Männern dominiert werden, während Beschäftigungsverhältnisse von Frauen weniger berücksichtigt werden. Dabei wäre eine geschlechtergerechte Verteilung besonders wichtig, damit die finanziellen Folgen der Pandemie nicht primär von Frauen getragen werden müssen.

Als weitere Bürde in der Coronakrise schließt sich der Anstieg an häuslicher Gewalt an. Laut des Bundesfamilienministerium macht ein Drittel aller Frauen in ihrem Leben Erfahrungen mit physischer oder sexualisierter Gewalt. Dabei ist besonders häufig der eigene Partner der Täter, was in Zeiten von Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen fatale Auswirkungen hat. Statistiken haben nicht nur in Deutschland, sondern auch in China bestätigt, dass die Häufigkeit an häuslicher Gewalt in dieser Krisenzeit zugenommen hat. Zahlen wie beispielsweise die der Kriminalstatistik zur Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamts verdeutlichen den starken Anstieg von Gewalt in den eigenen vier Wänden. Dies resultiert aus häuslicher Isolation und wird bestärkt durch finanzielle Sorgen und Notlagen.

Insgesamt zeigt sich ein einheitliches Bild von den negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für die Gesellschaft und insbesondere für Frauen. Daher sollte ein verstärkter Fokus darauf liegen, dass Frauen und Männer bei den Maßnahmen bezüglich Corona beteiligt, und alle Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigt werden. Der weitere Verlauf der Pandemie und die folgenden Auswirkungen sind für alle ungewiss. Gerade deswegen sollte Gleichberechtigung sowie eine strukturierte Gleichstellungsstrategie umgesetzt werden und die Vermeidung von systematischer Ungerechtigkeit gefördert werden.

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