Stellungnahme der Föderation zur Zertifizierung von Zugbesatzungen

Abschlussbericht FINAL A6-0133/2005 zum Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rats über die Zertifizierung von Zugbesatzungen im Schienennetzwerk der EU (COM(2004)0142 – C6-002/2004/0048(COD))

Stellungnahme der Föderation Europäischer Psychologenverbände (European Federation of Psychologists’ Associations – EFPA)

Laut einer WHO-Prognose werden Verkehrsunfälle als Todesursache weltweit von Platz 10 im Jahr 2006 auf Platz 8 im Jahr 2030 steigen. Angesichts des Stellenwertes von Mobilität und des damit verbundenen erwartbaren Anstiegs von Verkehrstoten kommt der Überprüfung der Fahreignung eine besonders wichtige Rolle zu. Das deutsche System der kombinierten medizinischen und psychologischen Untersuchung (MPU) hat aufgrund seiner hohen Effektivität in der Reduzierung von Verkehrstoten in Europa eine Vorreiterfunktion. Sie würde durch den aktuell vorliegenden Richtlinienentwurf stark behindert.

1. Anhang 13 zu Artikel 9, § 3 (S. 11)

Wir schlagen vor, auf der Seite 11 den Änderungsvorschlag Nummer 13 zu Artikel 9 (in der vorherigen Fassung Artikel 11) § 3 zu streichen, da er auf der Basis falscher Angaben begründet wird.

Es wird dort ausgeführt, dass es Mitgliedsstaaten gebe, in denen Psychologen nicht zu den Medizinberufen gehören, und dass deshalb die definierten Berufe entweder Psychologen oder Ärzte sein sollten.

Diese Argumentation ist völlig fehlerhaft, da in keinem Mitgliedstaat der EU Psychologen zu den Medizinberufen gehören. Im Gegenteil, in allen Mitgliedsstaaten werden Psychologen
innerhalb eigenständiger universitärer Programme ausgebildet, die sich von den medizinischen Programmen gänzlich unterscheiden. Mediziner machen sich strafbar, wenn Sie sich als Psychologen bezeichnen.

Zudem wird im Änderungsvorschlag Nr. 13 vorgeschlagen, dass psychologische Untersuchungen von jedem durchgeführt werden können, soweit ein Psychologe oder ein Arzt die Aufsicht verantwortlich trägt. Das würde dazu führen, dass z.B. der Freund eines Arztes diese Untersuchungen durchführen könnte, und nicht, wie in der Formulierung angedeutet, dafür entweder Psychologen oder Ärzte infrage kommen.

Änderungsvorschlag Nr. 13 steht in Zusammenhang mit einem unerwarteten Transfer: drei Arten von Untersuchungen (kognitive, kommunikative und psychomotorische Fähigkeiten), die bislang in den Technical Specifications for Interoperability (TSI) korrekt definiert und richtigerweise bei den psychologischen Untersuchungen („2.2 Occupational psychological examinations“) eingeordnet wurden, sind überraschenderweise vom Rat im Vorschlag einer gemeinsamen Position vom 14.9.2006 unter Bezug auf den vorliegenden Richtlinienentwurf unter den medizinischen Untersuchungen („2.1 Medical examinations") eingeordnet worden. Sie wurden im Anhang von Kategorie 2.2 berufsbezogene psychologische Eignungsbeurteilung in die Kategorie 2.1 medizinische Untersuchungen verschoben.

Wir regen an, auf der nächsten parlamentarischen Sitzung diese drei Arten psychologischer Untersuchungen (kognitive, kommunikative und psychomotorische Fähigkeiten) wieder unter die fachlich richtige Kategorie „2.2 Occupational psychological examinations“ zu verschieben.

Aus Gründen der inneren Konsistenz sollten auch die einleitenden Wörter "der Zweck" wieder in "ein anderer Zweck" geändert werden, denn dieser Zweck ist sicherlich nicht der einzige, aber er ist konsistent mit den o.g. drei Zielrichtungen, die jetzt irrtümlicherweise den medizinischen Untersuchungen zugeordnet wurden.

Schon für Psychologen wäre es nahezu unmöglich, „psychologische Defizite, die wahrscheinlicherweise auf eine sichere Pflichtausübung störend einwirken“ („psychological deficiencies ... likely to interfere with the safe exercise of duties“), ohne die drei o.g. Untersuchungen zu bewerten. Für Ärzte wäre es nicht sinnvoll, diese drei Untersuchungen durchzuführen, ohne dabei psychologische (psychische) Defizite zu bewerten. Ärzte können mögliche psychiatrische Probleme richtig erkennen; diese unterscheiden sich aber von psychologischen Defiziten. Eine nur unsystematische Anwendung dieser drei Bereiche, die zu den grundlegenden Arbeitsbereichen von Psychologen gehören, würde die gesamte Untersuchung unwirksam machen; dies passiert, wenn der Anwender die zum Einsatz kommende Testprozedur nicht versteht.

2. Änderung der Überschrift von Anhang II

Aus Kohärenzgründen sollte auch die Überschrift von Anhang II von „Medical Requirements“ in „Medical and Psychological Requirements“ geändert werden.

3. Anhang 25 (S. 17/32)

Änderungsvorschlag 25 des ursprünglichen Entwurfs, in dem "Verkehrspsychologen" als kompetent in der Evaluation psychischer Fitness (Feststellung psychologischer Fähigkeiten
im Verkehr) bezeichnet werden, ist zutreffend und konsistent mit der Entwicklung der Disziplin. Das Standing Committee on Traffic Psychology der EFPA steht hier für vertiefende Informationen gerne zur Verfügung.

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