Resolution des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) zur frühkindlichen Entwicklung und Bildung - Psychologische Perspektiven für gerechte Startchancen in der Bildungslandschaft
Resolution
Der Kindergarten als Entwicklungschance für alle Kinder
Die Möglichkeit zur Entfaltung der individuellen Potenziale ist entscheidend für die emotionale, soziale und sprachliche Entwicklung der Kinder. Gesellschaftliche Herausforderungen wie Kinderarmut, Migration, psychische Belastungen in den Familien und Fachkräftemangel wirken sich bereits spürbar im Vorschulalter aus. Frühe Entwicklungsförderung, Resilienzstärkung, kooperative und partizipative Elternarbeit und multiprofessionelle Teams in Kitas sowie Beteiligungskonzepte und Kinderschutz im Sozialraum sollten zukünftig bundesweit Standards werden. Diese stärken die kindlichen Begabungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, Bildungsgerechtigkeit und das psychische Wohlbefinden von Kindern und deren Familien. In den vergangenen Jahren wurden die Rechte der Eltern auf Kinderbetreuung in Kindergärten und Krippen gestärkt, so dass je nach Bundesland fast jedes Kind mindestens ein Jahr einen Kindergarten besucht – eine große Chance, durch Schicht- und Migrationshintergrund entstandene Ungleichheiten in Bezug auf die Entwicklungschancen der Kinder zu minimieren.
Psychologische Expertise fehlt bislang weitgehend in den Institutionen der frühkindlichen Förderung. Der BDP fordert deshalb die systematische Verankerung psychologischer Expertise im Rahmen der frühkindlichen Entwicklungs- und Bildungsförderung und die Verwirklichung gemeindepsychologischer Grundideen. Empowerment als zentrales Konzept der Gemeindepsychologie betont die Notwendigkeit der Selbstermächtigung, um Personen, Gruppen und Gemeinden zu befähigen, über individuelle Entfaltung, Zusammenarbeit und Netzwerkbildung selbst Entwicklung zu initiieren und das eigene Leben zu bestimmen.
Familienzentren und der Early-Excellence-Ansatz als ganzheitliche Fördermöglichkeit im Sinne der Gemeindepsychologie
Ein gutes praktisches Beispiel für Empowerment stellen die Familienzentren und der damit verknüpfte Early-Excellence-Ansatz dar; sie fördern bereits dort, wo sie bestehen, im Vorschulalter die individuelle Entfaltungsmöglichkeit jedes Kindes, die Kompetenz und Stärke der Eltern und die Verankerung der Institution und der Familien im Sozialraum. Die Wertschätzung der Potenziale aller Beteiligten und die Befähigung und Ermutigung zu Partizipation und aktivem Handeln führen zu einer grundlegenden Verbesserung der Entwicklungschancen der Kinder. Die Gemeinschaft, die idealerweise im Kindergarten durch den Einbezug und Zusammenschluss aller (Mitarbeitende, Eltern, Kinder) entsteht und gestärkt wird, kann sich innerhalb des Sozialraums positionieren und vernetzen, zum Beispiel mit der Grundschule, dem Sportverein, der Bibliothek und anderen Institutionen oder Teil eines im Stadtteil bestehenden Netzwerks sein.
Familienzentren werden von der Heinz- und Heide-Dürr-Stiftung gefördert und von einigen Städten (zum Beispiel Hannover, Stuttgart, Berlin u. a.) systematisch etabliert und unterstützt. Durch Diagnostik sowie durch Beratung der Fach- und Führungskräfte und der Eltern könnten Psycholog*innen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungsförderung der Kinder im vorschulischen Bereich in den Familienzentren leisten, zumal die Grundlagen des Early-Excellence-Ansatzes aus der Entwicklungspsychologie abgeleitet sind (Jean Piaget). Durch die Identifizierung der Stärken und auch des Förderbedarfes eines einzelnen Kindes können Ungleichheiten ausgeglichen, aber auch individuelle Begabungen gefördert werden, die ihrerseits den Selbstwert des Kindes erhöhen und zukünftig die Gemeinschaft stärken werden.
Die Forderungen des BDP
- Psychologische Grundversorgung in Kitas: Jede Kita soll Zugang zu psychologischer Fachkompetenz haben – analog zur Schulpsychologie
- Weiterentwicklung von Kindergärten zu Familienzentren als niedrigschwellige Orte für Elternbildung, Elternförderung und Beratung, möglicherweise auch von Paaren, die eine Familie gründen möchten
- Beteiligung von Psychologinnen und Psychologen an der Entwicklung von Familienzentren und Einbezug von Psychologinnen und Psychologen in die konkrete Arbeit des Familienzentrums innerhalb eines multidisziplinären Teams
- Bildung von Netzwerken im Sozialraum (bspw. Stadtteile) im Umkreis von Kindergärten, Schulen, Jugendzentren und Vereinen, um Bildung (auch für die Jüngsten) besser zu verankern, kooperatives Denken zu fördern und soziale Unterschiede auszugleichen
- Besserer Einbezug von Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere Kindern, Jugendlichen und deren Eltern in die Planung kommunaler Bildungsprojekte, um Partizipation, Selbstwirksamkeit und Demokratiebildung zu stärken
- Aufbau von Nachbarschaftsnetzwerken (bspw. Familien-Patenschaften, Peer-Support, Mentor*innenprogramme, Elterninitiativen) um nicht nur individuelle, sondern auch community-basierte Resilienz zu stärken
- Forschungsförderungen und Public-Private-Partnerships für passende Modellprojekte, die früh- kindliche Entwicklung und Bildung in der Kita und im Sozialraum mit der Entwicklung und Erhaltung psychischer Gesundheit evidenzbasiert verbinden
- Aufbau von Bündnissen zum Beispiel mit dem Bürgerrat Bildung und Lernen, kommunalen Spitzenverbänden und Stiftungen
Fazit
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen positioniert sich innerhalb des Bildungssystems und setzt sich ein für Prävention, Stärkung der psychischen Gesundheit und Resilienz im frühkindlichen Bereich. Psychologische Expertise wird zu einem festen Bestandteil von Kindertagesstätten, insbesondere in Gestalt von Familienzentren, und damit verknüpfter Eltern- und Gemeindearbeit. Aus gemeindepsychologischer Sicht wird eine Brücke zwischen individueller Förderung und sozialräumlicher Gerechtigkeit hergestellt. Damit trägt der BDP mit seiner Expertise aktiv zu mehr Chancengerechtigkeit, mehr Lebenskompetenz und mehr Unterstützung für Familien und Kinder von Geburt an bei.
Anlage zur Resolution
Die vorschulische Entwicklung stärken: Einbezug von Psychologinnen und Psychologen in die Arbeit von Familienzentren in Kindergärten
Vorschulisches Lernen als Voraussetzung für die Schule
Bildungsinstitutionen wie die Schulen stellen einen Ort dar, in dem alle Kinder die gleichen Möglichkeiten haben sollten. Aber die Voraussetzung für Bildung wird schon im Vorfeld angelegt, würden sie erfüllt, könnten die Ungleichheiten bei Schulbeginn deutlich reduziert werden. Das junge Kind lernt selbstständig im Spiel und erarbeitet sich durch viele Variationen und Wiederholungen, wie Dinge zusammenhängen, wie physikalische Gesetze wirken, es macht mathematische Grunderfahrungen, erfährt Längen, Höhen, Kreise, Flächen, Entfernungen, Flieh- und Schwerkraft, Stabilität, Statik, Reibung, Geschwindigkeit, Perspektiven, Klassifizierungen, Ordnungen, es lernt Körperbeherrschung, Auge-Hand-Koordination, Feinmotorik, Genauigkeit, das Gleichgewicht zu halten, es macht Raumerfahrungen, es erfährt, dass es selbst etwas bewirken kann und vieles mehr (vgl. Saumweber, S.K., 2014). Diese Erfahrungen können durch Erwachsene unterstützt werden, indem sie sensibel beobachten, womit sich das Kind gerade auseinandersetzt und entsprechendes Material zur Verfügung stellen, Hilfestellungen geben, ohne das Kind in seinem Forscherdrang zu beeinflussen und es wertschätzen und bestärken.
Empirische Voraussetzungen für den Early-Excellence-Ansatz
Genau diese Unterstützung hat einen großen Einfluss auf die kognitive Entwicklung des jungen Kindes, wie Chris Athey (2009) im Rahmen eines Forschungsprojektes, das in den 70er Jahren in England durchgeführt wurde, herausgefunden hatte. Sie hat ein Curriculum für die Vorschulzeit entwickelt, das an die sich entwickelnden Formen des kindlichen Denkens angepasst ist und die kognitive Entwicklung des Kindes konstruktiv fördert. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des „Froebel Educational Institute“ entwickelte sie „schemas“, die auf der Theorie des kognitiven Schemas von Piaget aufbauen. Sie stellte fest, dass der größte Zuwachs an Intelligenz eines Vorschulkindes durch eine Bereicherung der kindlichen Umwelt erzielt werden kann. Entsprechend an das jeweilige aktuelle Schema des Kindes (z.B. „Verbinden“, „Anhäufen und Zerstreuen“, „Eingrenzen/Einzäunen“, „Oben sein“, „Schichten“, „Transportieren“, „Rotation“, „Positionieren“ u.a.) angepasst wurde das Kind durch die pädagogischen Fachkräfte in enger Zusammenarbeit mit den Eltern durch die Bereitstellung von Materialien und einer anregenden Umwelt (zum Beispiel auch Ausflüge in Museen) bei der Erweiterung des Schemas unterstützt – immer so, dass Wissen aktiv konstruiert werden kann, denn „Denken ist internalisierte Handlung“ (Athey 2009, 46, eigene Übersetzung). „Schemas sind dynamische, aktive, nach Informationen forschende Strukturen. ... Schemas sind Muster für wiederholbare Aktionen, die zu frühen Kategorisierungen führen und später zu logischen Klassifikationen“ (Athey 2009, 49). Entwickelte Schemas führen zu Generalisierungen und Verknüpfungen, den Ursprung bildet jedoch die Handlung. „Entwicklung vollzieht sich von der Handlung zum Denken, Denken beruht auf internalisierten und koordinierten Handlungsschemata“ (Athey 2009, 113). Im Rahmen des Forschungsprojektes von Chris Athey stieg der gemessene IQ-Wert der Kinder, die alle unteren sozialen Schichten angehörten, um durchschnittlich 25 IQ-Punkte, dies galt nicht für die Kontrollgruppe, die einerseits aus Kindern der Mittelschicht und andererseits aus Geschwisterkindern bestand und keine Intervention erhielt.
Entstehung des Early Excellence-Ansatzes und der Children Centres
Die Forschungen von Chris Athey bildeten die Grundlage für ein umfangreiches pädagogisches Konzept für den Vorschulbereich, das maßgeblich von Margy Whalley für die Stadt Corby in Newhamptonshire entwickelt wurde (Whalley, M. und das Pen Green Centre Team, 2008). Die soziale Situation in Newhamptonshire (englische Grafschaft) hatte sich deutlich verschlechtert, nachdem die ansässige Stahlindustrie ihre Produktion eingestellt hatte und es breitete sich zunehmend Armut in der Bevölkerung aus. Ein Regierungsprogramm, das Gelder für Förderkonzepte zur Verfügung stellte, sollte dafür sorgen, dass die Kinder trotz aller Widrigkeiten eine konstruktive Förderung erhalten konnten. Margy Whalley entwickelte ein Konzept für „Children Centres“, zunächst entstand in Corby ein solches Zentrum (Pen Green). Der Ansatz beruht auf drei Grundannahmen:
- Jedes Kind ist exzellent
- Eltern sind als erste Erzieher Experten für ihre Kinder
- Der Kindergarten wird zum Familienzentrum und öffnet sich dem Sozialraum
Eine wertschätzende Haltung allen Beteiligten gegenüber (Kinder, pädagogische Fachkräfte, Eltern), eine vielseitige Aus- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte, genügend Zeit und die Einbettung in ein unterstützendes Netzwerk bildeten für Margy Whalley die Voraussetzung für die Children Centres als eine lernende Institution. Da auch die Entwicklung der Eltern im Fokus der Arbeit stand, hatten die pädagogischen Fachkräfte auch Ausbildungen im Bereich Erwachsenenpädagogik, der Lebenslaufforschung und der Gemeinwesenarbeit. Ein ethisches Menschenbild und eine demokratische Grundhaltung bildeten die Basis der Arbeit. Die Kinder wurden beobachtet und entsprechend ihrer aktuellen Auseinandersetzung mit einem Schema unterstützt, es wurde ein enger Austausch mit den Eltern gepflegt und die Eltern dazu angeregt, ihre Kinder zuhause ebenso zu beobachten und dem aktuellen Schema entsprechend zu fördern. Dazu wurden auch Videokameras ausgeliehen, die Eltern konnten ihre Kinder filmen und die Filme später in den regemäßigen Meetings zeigen und besprechen. Das führte dazu, dass ein wesentlich besseres Verständnis entstehen konnte, warum Kinder etwas tun, zum Beispiel stundenlang etwas einwickeln. Anstatt dem Kind mit Unverständnis zu begegnen, dessen Aktivitäten als unbedeutend abzutun oder das Einwickeln zu unterbinden, konnte nun auf Grundlage des Verständnisses das kindliche Tun geschätzt und unterstützt werden, zum Beispiel durch Material und eine positive Anteilnahme. Ein Beispiel für die gelungene Unterstützung eines Kindes im Rahmen des Schemas „Verhüllung“ ist das Beispiel von Becky: „Anfangs stellte Becky einfache Transformationen der Welt her, indem sie das Papier so zusammenknüllte, dass es ein Paket ergab, nun ist sie in der Lage, komplexere Transformationen herzustellen: Sie plant Winkel, faltet Ecken, schätzt Größe und Abmessungen, positioniert und koordiniert unterschiedliche Oberflächen“ (Whalley 2008, 170). Eltern konnten sich beteiligen durch langfristig angelegte Studiengruppen, individuelle Sitzungen, über ein Mitteilungsbuch, Videoaustausch, Themenabende, Ausflüge in das Science-Museum und Familiengruppentreffen. „Wenn man den Eltern zuhört, empfangen die Kinder die wichtige Botschaft, dass ihre Familie, ihre Kultur und ihre Werte etwas zählen in der Welt“ (Whalley 2008, 75). Es wird davon ausgegangen, dass das Elternhaus einen größeren Einfluss auf die Entwicklung des Kindes hat als eine Einrichtung haben könnte, deshalb ist die enge Einbindung der Eltern wichtig. Wenn sie gelingt, können die Ergebnisse für das Kind sehr positiv sein. Aber auch die – persönliche – Weiterentwicklung der pädagogischen Fachkräfte bildet eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung des Konzepts. „Early Excellence erfordert damit eine andere – eine lernende – Organisation. Wer seine/ihr eigenen Stärken entdeckt, will mitgestalten. Das gilt gerade für pädagogische Fachkräfte.“ (Hebenstreit-Müller, S. 2020, 28).
Die Etablierung des Early-Excellence-Ansatzes und von Familienzentren in Deutschland
Unterstützt durch die Heinz-und-Heide-Dürr-Stiftung und Teile des Teams von Pen Green entstand in Deutschland im Jahr 2000 das erste Familienzentrum, das nach dem Early-Excellence-Ansatz arbeitet, im Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin (vgl. Baumgarten, I. & Kühnel, B., 2021). Allerdings ist die beeindruckende Größe des Pen Green Zentrums in Corby mit 110 Mitarbeitenden in einem interdisziplinären Team kaum erreichbar. Mittlerweile existieren jedoch viele Familienzentren in Deutschland, nicht nur in Kindergärten und nicht nur nach dem Early Excellence-Ansatz arbeitend. Regionale Unterschiede sind zum Teil bedeutend. Während zum Beispiel das Land Nordrhein-Westfalen als Bundesland flächendeckend Familienzentren eingerichtet hat, gibt es in anderen Regionen, beispielsweise im Saarland, nur wenige Familienzentren. Einige Städte wie Hannover, Berlin und Stuttgart fördern das Konzept (in Hannover zum Beispiel gibt es 51 Familienzentren in Kindergärten, die nach dem Early Excellence-Ansatz arbeiten), in anderen Städten existiert es nicht (vgl. Schlevogt, 2025). Unterstützung ist notwendig, weil der Aufwand den üblichen Kindergartenetat übersteigt: Schulung und Weiterbildung des Personals, Beschäftigung einer Stadtteilmutter/eines Stadtteilvaters (Verbindungsstelle zwischen Familienzentrum und Sozialraum), Einstellung einer Koordinatorin/eines Koordinators für das Familienzentrum, zusätzliche Angebote wie Elterncafés, „GemeinsamWachsenGruppen“ (regelmäßiges wöchentliches Angebot der Einrichtung für Familien mit Kindern unter drei Jahren aus dem Stadtteil), systematische Umsetzung der ressourcenorientierten Beobachtungssystematik des Early Excellence-Ansatzes (Arbeit mit Schemas), Evaluations- und Entwicklungsgespräche des Teams, Kursangebote u.a. (vgl. Landeshauptstadt Hannover, 2025). Familienzentren werden vornehmlich in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Familien, die von Armut bedroht sind, eingerichtet. Indikatoren für eine „sich abzeichnende Konzentration problematischer Lebenslagen“ sind für die Stadt Hannover Abhängigkeit von Transferleistungen, erhöhter Anteil Alleinerziehender, erhöhter Anteil einer Inanspruchnahme einer Hilfe zur Erziehung, Migrationshintergrund und Belegrechte für Wohnraum (vgl. Landeshauptstadt Hannover, 2019). Die Idee besteht darin, durch Wertschätzung, Ermutigung zu Bildung, der Etablierung von Netzwerken, der Zunahme von Kontakten untereinander die Eltern zusätzlich zu den Kindern zu fördern und sie damit zu befähigen, sich selbst weiterzuentwickeln. An diesem Punkt ist das Familienzentrum eng mit den Grundideen der Gemeindepsychologie verknüpft und Empowerment ist auch im Rahmen des Early Excellence-Ansatzes eine erwünschte Folge der Arbeit des Familienzentrums (vgl. Burdorf-Schulz, 2017, Neumann, O. & Quindel, R, 2023). Darüber und über Jean Piaget hinaus wird das sozial-ökologische Modell von Bronfenbrenner, Grundlagen aus dem klientenzentrierten Ansatz von Rogers oder die Bindungstheorien von Bowlby und Ainsworth für den Early-Excellence-Ansatz genutzt, also neben pädagogischen Konzepten von zum Beispiel Fröbel und Montessori auch explizit psychologische (vgl. Hebenstreit-Müller, S. & Lepenies, A., 2007). Evaluationsstudien wurden bisher vor allem auf qualitativer Ebene durchgeführt (z.B. Günther, A., Marx, R., Palloks, R. 2017, Geib, F. 2020).
Unterstützung und Weiterentwicklung des Familienzentrums durch die Mitarbeit von Psychologinnen und Psychologen
Psychologinnen und Psychologen könnten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Arbeit der Familienzentren zu unterstützen, durch eine zusätzliche Potenzialanalyse der Kinder, die Beratung der Eltern, der Kitaleitung und der pädagogischen Fachkräfte, die Entwicklung von Förderkonzepten, in Netzwerken und im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit. Der Einbezug von Psychologinnen und Psychologen in die Arbeit der Familienzentren existiert aktuell nur teilweise, obwohl deren Expertise sehr erwünscht ist. Die Arbeit von Psychologinnen und Psychologen könnte maßgeblich dazu beitragen, den Early-Excellence-Ansatz und die Arbeit der Familienzentren zu stärken. Empirisches Wissen aus der Entwicklungspsychologie, der Pädagogischen Psychologie, der Differentiellen Psychologie, Sozialpsychologie, Gemeindepsychologie, der Klinischen Psychologie könnten eine große Bereicherung darstellen ebenso wie therapeutische und Beratungskompetenzen. Prinzipiell wäre ein Modell ähnlich dem der Schulpsychologie ein sinnvoller Ansatz, um Chancenungleichheiten zu minimieren, eine positive Entwicklung im Vorschulalter zu fördern und das Auftreten psychischer und sozialer Probleme in der Schule zu verhindern.
Literatur
Athey, C. (2009). Extending Thought in Young Children. A Parent-Teacher Partnership. Los Angeles, London et al.: Sage Publications.
Baumgarten, I. & Kühnel, B. (2021). Early Excellence – Ein Programm für Deutschland. Berlin: Heinz und Heide Dürr Stiftung.
Burdorf-Schulz, J. (2017). Von der Kita zum Familienzentrum nach den Early Excellence-Ansatz. Vielfalt für Familien durch Beteiligung, Öffnung und Vernetzung. Berlin: Heinz und Heide Dürr Stiftung.
Geib, F. (2020). Praktiken der Inklusion. Rekonstruktive Inklusionsforschung in Early-Excellence-einrichtungen in Deutschland. Berlin: Dohrmann.
Günther, A., Marx, R., Palloks, R. (2017). Bildungsprozesse im Übergang von der Kita in die Grundschule: Eine Evaluationsstudie zum Early Excellence-Ansatz in Deutschland. Berlin: Dohrmann.
Hebenstreit-Müller, S. (2020). Der positive Blick. 20 Jahre Early Excellence in Deutschland. Betrifft Kinder, 07-08, 24-28.
Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Jugend und Familie. (2019). Familienzentren in Hannover. Langenhagen: Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH.
Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Jugend und Familie. (2025). Qualitätskriterien der Familienzentren in Hannover. Uetze: Letter Druck.
Lepenies, A. (2007). Der positive Blick auf das Kind: Die „Pädagogischen Strategien“ des „Early-Excellence“-Ansatzes. In: Hebenstreit-Müller, S. & Lepenies, A. (Hrsg.). (2007). Early Excellence: Der positive Blick auf Kinder, Eltern und Erzieherinnen. Berlin: Dohrmann.
Neumann, O. & Quindel, R. (2023). Empowerment. In: Behzadi, A., Lenz, A. et al. (Hrsg.) (2023). Handbuch Gemeindepsychologie. Community Psychology in Deutschland. Tübingen: dgvt-Verlag.
Saumweber, S.K. (2014). Schemas im Early Excellence-Ansatz. Berlin: Heinz und Heide Dürr Stiftung.
Schlevogt, Vanessa (2025). Förderung von Kinder- und Familienzentren in Deutschland. Nifbe, Stand 25.3.25, nifbe.de/fachbeitraege/foerderung-von-kinder-und-familienzentren-in-deutschland/
Whalley, M. und das Pen Green Centre Team. (2008). Eltern als Experten ihrer Kinder. Das „Early Excellence“-Modell in Kinder- und Familienzentren. Berlin: Dohrmann Verlag.
Monika Sklorz-Weiner, Team Kindeswohl und Kinderrechte, 30.10.25