PM: Psychologiepreis ging an einen modernen Aufklärer und Universalgelehrten: Gerd Gigerenzer

In Berlin wurde heute der Deutsche Psychologiepreis an Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung verliehen. Der Berufsverband Deutscher Psychologen, die Bundespsychotherapeutenkammer, die Christoph-Dornier-Stiftung und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie würdigten damit seine besondere Fähigkeit, Ergebnisse der Grundlagenforschung zum Nutzen vieler Menschen in die Praxis zu bringen. Die Verleihung der mit 20.000 Euro dotierten Auszeichnung fand im Leibnizsaal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt statt.

Akademiepräsident Prof. Günter Stock begrüßte in seiner Eigenschaft als Hausherr im Leibnizsaal der Akademie den Preisträger sowie ca. 150 Gäste. Er wertete die Entscheidung der vier verleihenden Organisationen zur gemeinsamen Stiftung des Preises als bemerkenswertes Zeichen ihres Integrationswillens und ihrer Integrationskraft. Gigerenzer sei für ihn ein moderner Aufklärer, der ganz im Sinne von Leibniz Interdisziplinarität lebe und die Vereinigung von Wissenschaft und Praxis zum Wohle der Gesellschaft zu seiner Lebensaufgabe gemacht habe.

Nach den Worten von Prof. Wolfgang Fiegenbaum von der Christoph Dornier Stiftung bewegt sich Gigerenzer an den Rändern der Forschung, wo es oft interessanter sei als im Zentrum. Mit seiner Auszeichnung wollten die Stifter des Preises Psychologen Mut machen, sich in solche „Forschungswüsten“ zu begeben, kaum berührten Boden zu betreten und mit Ihrer Forschung auch Risiken zu wagen.

Prof. Dr. Onur Güntürkün von der Universität Bochum würdigte Gerd Gigerenzer in seiner Laudatio als einen der wenigen Universalgelehrten unserer Zeit. Er verzichtete auf die Auflistung der zahlreichen Preise, die Gigerenzer bereits erhalten hat und ließ das Auditorium stattdessen teilhaben an dem, was den Forscher umtreibt und ihm den Schlaf raubt: Entscheidungsheuristiken und Risikokommunikation. Seine lebendige Schilderung des Menschen Gigerenzer, der eine aussichtsreiche Musikerkarriere aufgab, um die Freiheit der Forschung zu gewinnen und diese an vielen Orten der Welt auch tatsächlich genutzt hat, bereicherte das Bild des Gelehrten und Lehrers, der heute Ärzten, Bankern und Richtern hilft, Risiken nicht nur richtig zu kommunizieren, sondern sie durch richtige Entscheidungen auch zu reduzieren. Güntürkun hob zudem die hierarchielose Atmosphäre hervor, in der Gigerenzer auch Kollegen zu Höchstleistungen führt

In seinem Vortrag ging der Preisträger darauf ein, warum verschiedene Entscheidungssituationen unterschiedlicher Strategien bedürfen. Viele wichtige Entscheidungen würden auf der Basis enormer Erfahrung mit „dem Bauch“ gefällt, ohne dass Entscheider es heute wagten, das zuzugeben. Lieber engagierten sie teure Berater zur Untermauerung der eigenen Entscheidungen und delegierten so die Verantwortung. Auch zur Risikokommunikation fand er kritische Worte: So wie heute Informationen über die angeblich segensreiche Wirkung von PSA- und Mammographie-Screenings oder von bestimmten Medikamenten weitergegeben würden, trügen sie zwar zum ökonomischen Erfolg der Anbieter bei, förderten jedoch den mündigen Bürger und Patienten kaum. Er hoffe sehr, mit seiner Arbeit dazu beitragen zu können, dass künftig bereits an den Schulen Kinder und Jugendliche lernten, dass es absolute Sicherheit nicht gibt und es darauf ankommt, den Umgang mit Risiken zu erlernen. Vom mündigen Bürger sei man in Deutschland jedoch noch weit entfernt.

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