Kosten begrenzen statt mehr Therapieplätze zu schaffen

Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt rund 20 Wochen. Viel zu lang für jemanden, der sich in einer akuten psychischen Krise befindet. Die – mit der Reform der Bedarfsplanungsrichtlinie – neu geschaffenen 776 neue Sitze liegen weit hinter den Erwartungen und decken den realen Bedarf nicht ab.

Die Sektion der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im BDP (VPP) stellte auf ihrem Symposium: Gerechte psychotherapeutische Versorgung am 23. Januar 2021 erste Zwischenergebnisse einer Online-Umfrage zur aktuellen Versorgungssituation vor. Besonders kritisch: Bei den befragten Kassenpraxen lag die Wartezeit in 2019 bei 22,5 und aktuell bei 24 Wochen durchschnittlich.

Es zeigt sich deutlich, dass die Vielzahl an Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ohne Kassensitz den erhöhten Bedarf auffängt, indem sie über die Kostenerstattung mit den Krankenkassen abrechnen – obwohl laut Bundesregierung die Kostenerstattung grundsätzlich kein Instrument darstellt, um etwaigen Versorgungsmängeln zu begegnen. Gleichzeitig erschweren Politik und Krankenkassen diesen Weg zur Psychotherapie noch zusätzlich durch komplexe Anträge und weitere strukturelle Barrieren.

Noch vor zehn Jahren war die Bedarfsplanung für die psychotherapeutische Versorgung eher ein Mittel der Kostenbegrenzung und nicht darauf ausgelegt, den realen Bedarf zu decken. In der heutigen Berechnung des Bedarfes werden zwar Morbidität und Sozialstruktur berücksichtigt, nicht aber die Entwicklung psychischer Morbidität.

„Für eine gerechte Bedarfsplanung sollten nicht alte Daten zum Vergleich herangezogen werden, sondern wie viel Sitze tatsächlich benötigt werden“, erklärte die Vorsitzende der Sektion VPP im BDP, Dr. Johanna Thünker. „Ein Drittel der Bevölkerung weist innerhalb eines Jahres eine psychische Störung auf. Diese Auftretenshäufigkeit ist über die Zeit hinweg recht stabil, jedoch steigt in den letzten Jahren das Inanspruchnahme-Verhalten, sodass glücklicherweise immer mehr Menschen mit behandlungsbedürftigen psychischen Problemen auch tatsächlich Hilfe suchen, aber nicht alle zeitnah bekommen.“

Der BDP fordert daher eine Anpassung des Modells zur Berechnung des Bedarfs und infolgedessen eine signifikante Aufstockung der Kassensitze für psychologische Psychotherapie.

Ansprechpartnerin für inhaltliche Fragen:

Dr. Johanna Thünker, thuenker@vpp.org

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