Neuregelung § 27 Psychotherapie-Richtlinie (21. August 2025)

Mehr Spielraum bei Suchtbehandlung, aber Abstinenz bleibt Hürde

Am 21. August 2025 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den § 27 der Psychotherapie-Richtlinie neu gefasst. Mit dieser Entscheidung werden die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen erweitert und der Anwendungsbereich auf alle psychotropen Substanzen (mit Ausnahme von Tabak, Nikotin und Koffein) ausgedehnt.

Besonders bedeutsam ist die Änderung hinsichtlich der Anzahl der möglichen Behandlungsstunden: Bislang konnten zur Herstellung von Suchtmittelfreiheit maximal zehn psychotherapeutische Sitzungen in Anspruch genommen werden. Neu ist, dass nunmehr 12 Stunden der KZT1 zur Verfügung stehen und zusätzlich weitere zwölf Stunden gewährt werden können, wenn die Suchtmittelfreiheit zwar noch nicht erreicht, aber weiterhin realistisch erscheint und konkrete therapeutische Schritte zur Erreichung dieses Ziels vereinbart wurden. Damit sind künftig insgesamt bis zu 24 Behandlungsstunden möglich.

Für eine Behandlung bei Abhängigkeitserkrankungen über das Kontingent von 24 Stunden gilt jedoch weiterhin, dass diese nur dann fortgeführt werden darf, wenn eine Suchtmittelfreiheit erreicht wurde. Die Abstinenz muss durch eine ärztliche Bescheinigung bestätigt werden, die gegebenenfalls auf geeigneten Laborparametern basieren kann. Diese ist „…als Teil der Behandlungsdokumentation und bei Umwandlung in eine Langzeittherapie dem Bericht an die Gutachterin bzw. den Gutachter beizufügen“ (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2025b)

Die Neuregelung des § 27 der Psychotherapie-Richtlinie durch den G-BA vom 21. August 2025 erweitert die Behandlungsmöglichkeiten bei Abhängigkeitserkrankungen und der Übergang zur Abstinenzphase wird flexibler. Gleichzeitig bleibt die Pflicht zum ärztlichen Nachweis der Abstinenz bestehen. Damit bleibt die Neuregelung ein Kompromiss: Einerseits ermöglicht sie durch die Ausweitung auf bis zu 24 Stunden eine bessere therapeutische Begleitung in der kritischen Phase des Übergangs zur Abstinenz. Andererseits hält sie an der umstrittenen Vorgabe fest, dass der Nachweis der Abstinenz ärztlich zu bescheinigen ist – ein Punkt, der unnötige Hürden für die Patient*innen mit sich bringt. Nicht immer ist ein Arzt verfügbar und ein Teil der Tests sind von den Patient*innen selbst zu bezahlen.

Berufspolitisch verschärft sich das Spannungsfeld um die Frage: Wie viel Autonomie traut das System der Psychotherapie wirklich zu?

Wir als Berufsverband der Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP im BDP) sehen vor allem die Abstinenzpflicht, welche weiterhin Voraussetzung für eine längerfristige Behandlung bleibt, kritisch. Dieses starre Kriterium erschwert den Zugang für viele Betroffene und belastet die therapeutische Beziehung durch zusätzliche Kontrollmechanismen. Der Beschluss wird nunmehr rechtlich durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft und nach Nichtbeanstandung sowie Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft gesetzt.

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SK VPP
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