Bedarfsplanung anpassen

Antwort der Bundesregierung auf Frage nach Psychotherapie-Wartezeiten

Wenig überraschend ist, dass es eine nicht unwesentliche Zahl zusätzlicher Psychotherapeutinnen- und -therapeutensitze geben wird, wenn hoffentlich bald die neue Bedarfsplanung veröffentlicht und umgesetzt werden wird. Zahlen schwirren durch den Raum, und jenseits der Frage, wie man eigentlich objektiv den Bedarf an Psychotherapie bemisst (diese stellt sich schon seit weit über 20 Jahren), kommt in einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf die Fragen der Fraktion Die Grünen auch sie nicht darum herum: Die zu langen Wartezeiten werden durch die absehbare neue Bedarfsplanung bzw. die neuen zusätzlichen Praxissitze reduziert. Die Bundesregierung tut sich mit den Formulierungen allerdings einigermaßen schwer. So ist von „notwendigen Anpassungen“ statt schlicht von „mehr Praxissitzen“ die Rede.

Über weite Strecken legt die Antwort Wert auf genaue Differenzierung vorliegender Erhebungen und Umfragen. Der Platz ist nicht zu schade, um genauer auszuführen, warum die eine Statistik nicht unbedingt mit der anderen verglichen werden kann usw. usw.

Umso mehr fällt aber auf, dass die Bundesregierung – befragt nach ihrer Sicht auf die Gründe langer Wartezeiten – in einem Absatz kurz und knapp einige Plattitüden und Vorurteile vom Stapel lässt; hierfür braucht es dann plötzlich überhaupt keine Befragungen und Begründungen mehr. Insbesondere die Behauptung, eine Ursache der Wartezeiten könne die unterschiedliche Beliebtheit von bestimmten Therapeutinnen und Therapeuten sein, hätte zumindest eine klitzekleine objektive Herleitung verdient.

Und dann fällt es doch, das Vorurteil: Ein Grund sei auch die mangelnde Erfüllung des Versorgungsauftrags. Dieses Thema ist und bleibt offenbar ein heißes Eisen, um das vielfach ein Bogen gemacht wird. Dabei wäre es dringend nötig, politisch darüber zu diskutieren, dass es bisher keinen objektiv gerechtfertigten Maßstab für die Auslastung bzw. die Erfüllung des Versorgungsauftrags gibt: Das alte vom BSG anlässlich von Honorarklagen vor rund 20 Jahre aus der Not heraus aufgestellte Modell von etwa 36 Patientinnen und Patienten pro Woche war nie und ist auch heute kein realistischer Maßstab. Der Maßstab muss sich an guter Psychotherapie orientieren und nicht am Akkord.

Jan Frederichs

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