Coronavirus: Dürfen Psycholog_innen im Solo-Betrieb weiter arbeiten?

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BDP-Justiziar, Jan Frederichs, hat  - im Hinblick auf die Corona-Pandemie - einige Informationen für Psychologinnen und Psychologen zusammengetragen, die freiberuflich tätig sind. 
(für Betriebe mit Beschäftigten können andere Regeln gelten)

  1. Solange es keine behördliche Verfügung eines Berufsverbots gibt, läuft der Betrieb im Ermessen der Inhaberin bzw. des Inhabers weiter. Es ist vorerst nicht zu erwarten, dass das Laufen des Betriebes untersagt wird, sondern sich eventuelle Verbote auf soziale Kontakte beziehen. Allenfalls dort, wo der Betrieb unvermeidlich mit Ansammlungen zu tun hat, sind Verbote zu erwarten bzw. ist das schon geschehen. Für eine Psychologische Beratung, Coaching, Supervision und ähnliche Betriebe ist eher zu erwarten, dass – wenn überhaupt – ein Verbot nur die sozialen Kontakte betrifft und kein Berufsverbot erfolgt.
  2. Ist also davon auszugehen, dass der Betrieb weiterlaufen kann, liegt die Gestaltung insbesondere in Hinblick auf soziale Kontakte im sorgfältigen Ermessen. Der Sorgfaltsmaßstab ist nicht ausdifferenziert und wird sich wohl täglich ändern. Die Ungenauigkeit dieses Maßstabs bedeutet kein Gebot übermäßiger Vorsicht. Pauschal formuliert: Die Entscheidungen über die Gestaltung des Betriebs müssen nicht im Nachgang als einzig richtig, sondern als verantwortungsvoll und wohl überlegt erscheinen.
  3. Parallel kann sich ein gesellschaftlicher Konsens darüber entwickeln, was schicklich ist und was nicht. Aber ein solcher Konsens wäre weder trennscharf definiert, noch verbindlich. An diesem kann bis soll man sich orientieren, aus rechtlicher Sicht muss man das aber nicht.
  4. Aktuell wird hier die Auffassung vertreten, dass zwar die psychologischen Dienstleistungen durch die Brille eines „Corona-Notfall-Plans“ eher etwas weiter weg vom Fokus liegen, dennoch eine Einstellung des Betriebs (noch) nicht alternativlos erscheint, sondern der Betrieb im Sinne eines „social distancing“ gestaltet werden kann.
  5. Die folgenden Überlegungen seien nur als Anreiz für eigene Überlegungen gedacht: Gruppenveranstaltungen sind eher zu vermeiden, ggf. ist aber bei wenigen Teilnehmer*innen eine räumliche Gestaltung möglich, die Abstände von mehr als 1,5m ermöglicht; dennoch scheinen Gruppenveranstaltungen nur unter Dringlichkeitsaspekten opportun.
    Die Anwesenheit nur einer Klientin oder nur eines Klienten ist schon eher denkbar. Abgesehen von einem prioritären Blick auf telefonische oder Online-Möglichkeiten wäre es aber sinnvoll, den Fokus auf die Reduzierung von Infektionsrisiken zu legen: Kann die Kundschaft zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto/Motorrad kommen ? Kann man den Zugang so gestalten, dass Klient*innen möglichst keine Türklinken berühren müssen?  Hat man nach Beendigung der Dienstleistung eine Routine für hygienische Maßnahmen usw.
  6. Für Klientinnen und Klienten, die z.B. kein Auto usw. benutzen können oder dürfen, man aber selbst fahren könnte, sind Dienstleistungen als Hausbesuche denkbar, allerdings bedeutet das ein erhebliches Vertrauen in deren Hygienemaßnahmen.
  7. Zwangsläufig ist leider mit Honorareinbußen, wenn nicht sogar –wegbrüchen zu rechnen. Eine Entschädigung ist rechtlich bzw. verfassungsmäßig nicht geboten und bislang nicht vorgesehen. Es könnte aber politisch  zu Ausgleichszahlungen kommen, es gibt zumindest schon Forderungen danach. Zu erwarten ist allerdings, dass – wenn überhaupt – eine Orientierung an sozialen Aspekten erfolgt. Generell muss man sich leider darauf einstellen, dass diese Einbußen zu größeren Teilen nicht entschädigt werden.
  8. Es gibt allerdings Entschädigungen bei behördlich angeordnetem Berufsverbot. Auf Basis eines dazu ergangenen schriftlichen Bescheids wird anschließend unter Bezugnahme auf das Einkommen im Rückblick auf das letzte Jahr einen Ausgleich gezahlt, wobei z.B. Honorare aus Online-Dienstleistungen abzuziehen wären. § 56 Abs.4 IFSG ermöglicht bezogen auf laufende Betriebskosten auch kurzfristige Zuwendungen.
    Aber Berufsverbot ist nicht dasselbe wie die Anordnung einer Quarantäne. Für Einbußen infolge einer Quarantäne gilt die Entschädigungsregelung des § 56 nicht. Die Befolgung von Appellen von (zuständigen) Politikern führt ebenfalls nicht zu § 56 IFSG. Deshalb wundert nicht, dass es schon politische Entschädigungsforderungen für Solo-Betriebe gibt, z.B. von der DIHK.
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