1. Fachtag für Wirtschaftspsychologie und Innenarchitektur, 12.03.2021

Arbeitswelten zur Potenzialentfaltung 

Die Architektur des Innenraums als Strategie eines Empowerments, der Personalentwicklung und des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

Eine Zusammenschau aus Sicht von Unternehmerschaft, Psycholog*innen und Innenarchikek*innen

 

Vorträge

 

Kollaboration in räumlich verteilten Teams

Prof. Dr. Margarete Boos, Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie in Göttingen

Der Einsatz internetbasierter Anwendungen soll die Teamarbeit und insbesondere die Kollaboration – eine intensive Form der Zusammenarbeit, bei der komplexe Probleme mittels geteilter Ressourcen gemeinsam gelöst werden – unterstützen. Hierfür kommt in Unternehmen zunehmend Software für die Kommunikation auf Distanz, das Teilen von Daten und Wissen und die Projektorganisation zu Einsatz. Um das Potential dieser Anwendungen ausschöpfen zu können, reicht es nicht aus, lediglich die Technologie zur Verfügung zu stellen. Vielmehr müssen ihr Einsatz soziotechnisch gestaltet und die Teams befähigt werden, die Anwendungen in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Während bei der Einführung neuer Kommunikationstechnologien vielfach die technische Perspektive im Vordergrund steht, wird in diesem Beitrag auf die Frage fokussiert, mit welchen Maßnahmen kollaborative Arbeit am besten unterstützt werden kann. Angenommen wird, dass Maßnahmen in vier Gestaltungsdimensionen wesentlich sind: die Führung und Betreuung der Teams, physische und virtuelle Räume für die Kollaboration, Lernen und Entwicklung der Nutzer sowie die Anpassungsfähigkeit an aktuelle Anforderungen und Bedürfnisse. Der Beitrag analysiert anhand von Fallbeispielen aus der IT-Branche die Unterstützungsbedarfe von Teams, um die Anforderungen der Kollaboration erfüllen zu können.

 

Büroraum- und Arbeitsplatzgestaltung aus Sicht der Innenarchitekt*innen

Pia Döll, Innenarchitektin bdia, Präsidentin des bdia Bund Deutscher Innenarchitekten

Die Sicht der Innenarchitekt*innen auf Arbeitswelten geht weit über die ästhetische Gestaltung hinaus. Der Arbeitsraum ist mehr als nur bloße Wirkstätte zur Produktion: Er ist ein Lebensraum, in dem wir einen Großteil unseres Tages verbringen. Die Arbeitswelt transformiert sich und die Digitalisierung macht vieles möglich. So deutlich, wie in den vergangenen Monaten, trat wahrscheinlich noch nie zutage, wie wichtig gute Innenräume für unsere Produktivität und Gesundheit sind. Wie könnten Büros 2030 aussehen? Welche Fehler werden aktuell gemacht, wo liegen Chancen? In der Innenarchitektur gibt es grundlegende Gestaltungsprinzipien, dennoch können Bürokonzepte nicht einfach kopiert werden. Innenarchitekt*innen sind hierfür spezialisierte Planende und Gestaltende. Es gibt zwar Gestaltungstrends, aber gute Innenarchitektur zeichnet sich dadurch aus, dass sie unverwechselbare und auf die Bedürfnisse der Nutzer – die Mitarbeitenden, Kunden und Unternehmensführung – zugeschnittene Innenräume schafft.

 

Planung unterstützender Räume für ein erstklassiges Patientenerleben - Zielfindungsphase (Leistungsphase 0)

Julia Donath, Diplomdesignerin, siebenkommadrei und Jens Thasler, Innenarchitekt

Der Fachkräftemangel ist im Gesundheitswesen besonders dramatisch. Chronische Unterbesetzung und  Überbelastung sind Dauerthemen in den Arbeitsbereichen der Mitarbeiter. Krankenhäuser müssen diesen immer mehr bieten, damit sie nicht in ein anderes Haus oder gar in eine ganz andere Branche wechseln.

Da mehr Geld und flexible Arbeitszeitmodelle als Differenzierungsmerkmal endliche Ressourcen sind und Mitarbeiter mehr Wert darauflegen, dass es ihren Patienten gut geht, nimmt die Bedeutung „unterstützender Räume“ in allen Bereichen der Patienten und Mitarbeitern mehr und mehr zu. 

siebenkommadrei hat sich den Themen Patientenerleben und patientenzentrierter, evidenzbasierter Gestaltung verschrieben. In der Zusammenarbeit mit Spezialisten aus Gesundheitswesen, Innenarchitektur, Psychologie und Kommunikation werden dabei neue Wege und Sichtweisen entwickelt.

 

Akustik im Raum und Thermischer Komfort: Ihre Wirkung auf die Psyche

Maren Hawighorst, Diplompsychologin

Geräusche und Temperaturen umgeben uns unentwegt. Sie können Wohlbefinden auslösen, anderseits Stress auslösen oder erhöhen. Gerade in Büroumgebungen sind der akustische und thermische Komfort wichtige Elemente, die zur Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft betragen. In diesem Beitrage werden die physikalischen, physiologischen und psychologischen Einflussfaktoren und Wirkweisen der umgebenden Akustik und klimatischen Bedingungen beleuchtet sowie auf theoretische Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung des thermischen und akustischen Komfort eingegangen.

 

Psychologische Grundlagen einer Wechselwirkung zwischen Mensch und gebautem Raum

Andreas Hegenbart, Diplompsychologe und Innenarchitekt

Wenn wir die Architektur des Innenraums strategisch zur Potentialentfaltung der Mitarbeitenden nutzen wollen, müssen wir wissen, welche Merkmale gebauten Raums in welcher Weise das Arbeitshandeln und -erleben beeinflussen. Affordanzen sind die psychologischen Moderatoren; es sind die Verhaltens- und Erlebensangebote, positiv oder negativ, die mit den physikalischen Eigenschaften des Raumes und seiner Ausstattung verbunden sind. Das affordanzbasierte Facettenstrukturmodell gebauter Umwelt ermöglicht eine strukturierte Handhabung der vielfältigen Affordanzen sowohl zur Beratung und Einbindung der unternehmensinternen Stakeholder und der Umweltgestalter*innen, als auch in der Programmentwicklung und im Gestaltungsprozess der Arbeitswelten. Es wird das Modell und seine Anwendbarkeit an den Schnittstellen von Architektur – Mensch – Organisation vorgestellt.

 

Der Wert des konkreten Raums

Prof. Dipl.-Ing. Sabine Keggenhoff, Innenarchitektin und Architektin, KEGGENHOFF | PARTNER

Gute Innenarchitektur etabliert einen nutzbaren Mehrwert durch bedürfnis- und zielorientierte Konzepte und Umsetzungen im physischen, im konkreten Raum. Gute Räume mit Mehrwert entstehen. Dieser wirkt qualitativ auf unseren sozialen und gesellschaftlichen Umgang und prägt mitunter ein zeitgemäßes Raumverständnis, dass das Verhältnis von Raum und Nutzer*in als relativ charakterisiert. Im Spiegel der Zeit sollten ‚Entscheider*innen von heute‘ mit diesem Bewusstsein die ‚Arbeitskontexte von morgen‘ anlegen. Um den Weg individualisierter Visionen zu gehen, braucht es starke Partnerschaften mit Innenarchitekt:innen, die diese kuratieren, moderieren und realisieren. Ein grundsätzliches Verständnis der prozessorientierten Entstehung, bewusste Perspektivwechsel und ein Wertekanon von Kriterien der Gestaltung, bilden eine gemeinsame Basis, die Potenzialentfaltung durch Raum gemeinsam erfolgreich zu manifestieren.

 

Beziehungen bauen

Monika Lepel, Innenarchitektin

LEPEL & LEPEL definiert Büros als Werkzeug digitaler Unternehmen und gestaltet sie als Spielfeld für Kreativität. Es etablieren sich zunehmend Teamarbeitsplätze, die neue Arbeitsweisen zulassen und fördern. Unser Ziel ist das beste Büro für Unternehmen & für Mitarbeitende. Raum als Stärkung der persönliche Beziehungen und der Identifikation mit dem Unternehmen. So wird die Arbeitswelt zur sozialen Landschaft.

 

Bedarfsplanung in Phase 0: Die Chance für ein optimales Arbeitsumfeld

Ursula Rösner-Prümm, Diplom Ingenieurin, Architektin BBA, Startklar! Büro für Bedarfsplanung im Bauwesen

Bauen ist die Chance, ein optimales Arbeitsumfeld für Menschen zu schaffen. Um diese Chance weitestmöglich nutzen zu können, müssen in der Phase 0 die richtigen Weichen gestellt werden. Die Bedarfsplanung steuert hierbei die Zielfindung der Auftraggeber. Das Ergebnis formuliert die Ziele für alle Akteure und ist zugleich der Gradmesser für die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens. Aber die Zielfindung betrifft nur in 2. Linie das Bauen: in 1. Linie dreht sich Bedarfsplanung um Menschen, das Miteinander und die Arbeitsprozesse, für die Räume geschaffen werden sollen. Da Bauen ohnehin ein Change ist, bietet es sich für jede Organisation an, die Entwicklung von neuen Räumen mit einer Neujustierung oder Optimierung des eigenen Tuns zu verbinden. In dem Beitrag wird ein Fächer an Möglichkeiten aufgespannt, wie eine Organisation die Bedarfsplanung für die eigene Weiterentwicklung einsetzen und zugleich den nötigen Raumbedarf für die Planung ermitteln kann.

 

Bürogebäude auf dem Prüfstand: NutzerInnensicht und Zertifizierungskontext

Dr. Karin Schakib-Ekbatan, Seniorwissenschaftlerin im Geschäftsfeld Sozialwissenschaftliche Evaluation bei IREES, Karlsruhe

Wie bewähren sich insbesondere energieambitionierte Bürogebäude bei gleichzeitig hohem Komfortanspruch aus NutzerInnensicht im Arbeitsalltag? Vor dem Hintergrund Nachhaltigen Bauens sind reale Erfahrungen eine wichtige Komponente bei der Planung und Bewertung von Gebäuden. Auf Basis von Befragungen in 45 energieambitionierten und konventionellen Bürogebäuden wird der Frage nachgegangen, welche Rolle das Raumklima sowie räumliche Bedingungen im subjektiven Erleben spielen und wie Befragungsergebnisse in ein Bewertungssystem eingebunden werden können.

 

New Work? Büroräume gestalten!

Ulrich Schübel, Diplompsychologe

Viele Organisationen verfolgen im Kontext von und vor dem Hintergrund der Möglichkeiten von 'New Work' mit der (Neu-) Gestaltung von Büroflächen vielfältige Ziele: Im Mittelpunkt stehen dabei die Förderung von innerbetrieblichem Austausch und informeller Kommunikation sowie Wissenstransfer und Wissenssicherung zur Beschleunigung von Innovationsprozessen ebenso wie die Steigerung von Produktivität, Mitarbeitendenzufriedenheit, Arbeitgeberattraktivität, Identifikation und Bindung der Beschäftigten an die Organisation.

Oftmals jedoch wird der Einfluss, den ein gut gestaltetes und von den Mitarbeitenden akzeptiertes Büroumfeld auf diese Faktoren haben kann, nach wie vor unterschätzt. Denn die Einführung neuer Arbeitswelten kann einen positiven Einfluss auf die gesamte Organisations-- und Führungskultur haben ebenso wie sich ungeeignete, schlecht umgesetzte oder unüberlegt eingeführte Konzepte negativ auf Zufriedenheit und Gesundheit auswirken und dadurch zu Leistungseinbußen führen können.

Der Vortrag präsentiert Gestaltungsempfehlungen zur Büroraumgestaltung sowohl aus inhaltlicher wie aus Prozessperspektive ('Büroraumgestaltung als Veränderungsprozess') und thematisiert Erkenntnisse im Hinblick auf die gesundheitsförderliche Gestaltung wie auch die Notwendigkeit der Kompetenzentwicklung auf Mitarbeitendenebene, um die Potenziale solcher Konzepte im Hinblick auf die oben genannten Zielsetzungen auch tatsächlich zu realisieren.

 

Lichtwirkung im Kontext von Arbeit und Erholung im Büro

Prof. Dr. Anna Steidle, Diplompsychologin und Mitglied der wissenschaftlichen Leitung des Promotionskollegs „Menschen in Räumen“

Eine komfortable und leistungsförderliche Beleuchtung orientiert sich an den Ansprüchen und Bedürfnissen der Nutzer*innen. In Büros sind die Sachbearbeiter*innnen und Wissensarbeiter*innen sowie deren Kund*onnen. Für Lichtplanung und –design ist es also erforderlich, die Wirkung von Licht auf ihr Erleben und Verhalten von Nutzer*innen verstehen und vorhersagen zu können. Im Vortragt wird die psychologische Wirkung von Licht in Lernen, Zusammenarbeiten und kreatives Denken bei der Büroarbeit dargestellt. Diese entsteht dadurch, dass eine Lichtsituation unbewusst Assoziationen mit bestimmten Kognitionen, Emotionen, Bedürfnissen und Verhaltensweisen aktivieren kann, die ihrerseits Einfluss auf die Arbeitsleistung, Interaktionen mit anderen Personen, das Lernen und Denken ausüben. Anstatt kleinteilig einzelne Befunde und deren Wichtigkeit darzustellen zielt der Vortrag darauf ab, die Bedeutung der Beleuchtung im Kontext komplexer Einflüsse der physikalischen, sozialen und mentalen Schulumgebungen zu vermitteln.

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Datum
Freitag, 12.03.2021
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