Mindestanforderungen an Gutachten
Fachverbände und Kammern definieren Standards für Unterbringungen und für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen
Die Vertreter*innen juristischer, psychologischer, medizinischer und (sozial)pädagogischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwalts- und der Bundespsychotherapeutenkammer haben sich auf ‚Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten nach § 1631b BGB (und zur freiheitsentziehenden Unterbringung nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker)‘ geeinigt.
Festhalten, Fixieren oder Sedieren des Kindes, der Einsatz von Bettgittern oder die Isolierung in sogenannten „Beruhigungsräumen“ – das alles gilt als freiheitsentziehende Maßnahme und greift tief in die Grundrechte der Kinder ein. Lange reichte die Zustimmung der Eltern aus, damit solche Maßnahmen in einem Krankenhaus, Heim oder einer sonstigen Einrichtung zum Einsatz kamen. Die Einrichtungen holten sich oft durch Standardformulierung in den Verträgen eine Generalvollmacht. Seit dem 1. Oktober 2017 gilt das „Gesetz zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) bei Kindern“. Seitdem müssen solche Maßnahmen vom Familiengericht genehmigt werden, ebenso wie bisher schon die Unterbringung. Vor seiner Entscheidung muss das Gericht ein Gutachten oder - etwa im Eilfall – ein ärztliches Zeugnis einholen. In der Praxis war häufig unklar, wer diese erstellt und nach welchen Standards.
In den vergangenen Monaten erarbeiteten nun Expert*innen unter fachlicher Begleitung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und unterstützt durch den XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes fachübergreifende Qualitätsstandards. Die Landesjustizministerien waren eingebunden und wirkten – zum Teil – fachlich begleitend mit. Die Empfehlungen dienen der Ergänzung der Mindestanforderungen an Gutachten in Kindschaftssachen. Die erarbeiteten Qualitätsstandards sollen allen Verfahrensbeteiligten eine Orientierungshilfe bieten.
Beteiligte Fachverbände und Kammern sind: Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie (BAG KJPP), Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP), Berufsverband für Beratung, Pädagogik & Psychotherapie (BVPPT), Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), Deutscher Anwaltverein (DAV), Der Deutsche Familiengerichtstag (DFGT), Deutsche Gesellschaft für Kinder-und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs), Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), Deutsche Jugendinstitut (DJI), Deutscher Juristinnenbund (djb), Deutscher Richterbund (DRB), Fachverband Systemisch-Lösungsorientierter Sachverständiger im Familienrecht (FSLS), Neue Richtervereinigung (NRV), Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht.
Die Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten nach § 1631b BGB stehen unter Politischen Positionen zum Download bereit.
Fachliche Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. jur. Anja Kannegießer, Fachpsychologin für Rechtspsychologie BDP/DGPs
Tel: 0251 4902842 / akannegiesser@rechtspsychologie-bdp.de