Erhöhte psychische Belastungen bei Kindern im Zuge des Lockdowns
In der aktuellen Debatte um die Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie stehen oft wirtschaftliche Faktoren im Vordergrund. Die Rechte und Interessen von Kindern und Jugendlichen werden lediglich als Randnotiz wahrgenommen. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) fordert daher die Politik auf, niederschwellige Präventionsangebote zu schaffen.
„Nach fast einem Jahr Pandemie in Deutschland fehlen uns noch belastbare Zahlen. Jedoch können wir davon ausgehen, dass die Einschränkungen durch Schulschließungen und Kontaktvermeidung für Kinder und Jugendliche sowie für junge Erwachsene zu einer erhöhten psychischen Belastung führen“, erklärt Dr. Meltem Avci-Werning, Präsidentin des BDP.
Kinder und Jugendliche haben derzeit ein erhöhtes Risiko, Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt und Misshandlung zu werden. Dies gilt besonders für Kinder und Jugendliche mit intellektuellen oder körperlichen Einschränkungen oder solche aus bereits vorbelasteten Familien.
Aber auch ganz generell führen die Eindämmungsmaßnahmen, der Verlust der gewohnten Tagesstruktur, Kontaktabbrüche von Freunden sowie Doppelbelastung von Eltern durch das Distanzlernen, zu einem Anstieg von innerfamiliären Konflikten. Das legt die im Dezember 2020 veröffentlichte COPSY-Studie nahe.
Viele Familien und vor allem Alleinerziehende haben ein Betreuungsproblem, wenn sie parallel arbeiten und ihre Kinder versorgen müssen. Es entstehen existenzielle Sorgen wegen eingeschränkter Verdienstmöglichkeiten, Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes. Diese Stressoren führen dazu, dass Eltern, Kinder und Jugendliche aus dem seelischen Gleichgewicht geraten. Zudem wissen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus belasteten Familien häufig nicht welche Hilfestellen es gibt. Durch die Schließungen von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen fällt ein Beratungs- und Unterstützungssystem weg, sodass die Herausforderung den Alltag zu bewältigen allein bei den Familien liegt.
Kinder und Jugendliche brauchen für eine gesunde Entwicklung stabile und verlässliche Beziehungen. Deshalb ist es erforderlich, im Rahmen von Prävention niederschwellige Angebote – trotz allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie – zur Verfügung zu stellen. So sollten etwa Behörden, Kommunen und Schulen mit entsprechenden Medien (z. B. digitalen Beratungstools) und Personal ausgestattet werden, um langfristigen psychischen Folgeschäden entgegenzuwirken und während der Pandemie Unterstützung anbieten zu können.