Antidiskriminierungsgesetz: Stellungnahme der Sektion Freiberufliche Psychologen

Allgemein:

Der Gesetzentwurf ist in seinen Intentionen zu respektieren, doch ist ein solches Gesetz aus deutscher Sicht eigentlich überflüssig, weil - bei richtiger Anwendung das Grundgesetz und die üblichen Rechtsvorschriften bereits alle Forderungen des Gesetzes erfüllen.
Politisch betrachtet ist es angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in den meisten Staaten ungünstig, potentielle Arbeitgeber mit neuen Gesetzen zu verunsichern. In dieser Situation wirkt der Gesetzesentwurf eher kontraproduktiv.

Begründung:

Bei manchen Ausführungen des Entwurfes entstand der Eindruck, dass hierbei gesellschaftliche Realitäten und überhaupt die Praxis wenig berücksichtigt werden. Es können nicht alle Punkte behandelt werden, doch einige Hinweise seien erlaubt.
So nimmt z.B. die Gefahr der sexuellen Belästigung der Frauen am Arbeitsplatz im Entwurf mehr Raum ein, als sie in der heutigen Zeit tatsächlich vorkommen dürfte. Dieser Aspekt sollte durch Stellungnahmen der Betriebsräte, Personalräte und Arbeitnehmervertreter verifiziert werden.
Die Behauptung, dass "Frauen erfahrungsgemäß ihr Recht in geringerem Umfang einklagen als Männer" stellt nach unserer Meinung eine vorgefasste Meinung dar, die bewiesen werden müsste.
Wir halten es auch für eine Art Diskriminierung der Frauen, wenn ihnen eine besondere Schutzbedürftigkeit und Hilfsbedürftigkeit unterstellt wird. Hierbei wird das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der heutigen Frauengeneration nicht erkannt und gewürdigt.

Seite 79: "Wer z.B. Menschen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit benachteiligen möchte, unterscheidet häufig in Wirklichkeit nach ihrer ethnischen Herkunft." Abgesehen davon, dass dieser Satz wohl umgekehrt gemeint ist, wird hier verkannt, dass kulturelle und gesellschaftspolitische Realitäten in anderen Ländern nicht durch eigene Gesetze beeinflusst werden können. In manchen Ländern ist es völlig undenkbar, Firmenvertreter aus bestimmten anderen Ländern zu empfangen.

"Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters" Seite 82
Hier ist der Entwurf erkennbar inkonsequent und beruft sich auf "komplexe Zusammenhänge." Das ist in der Tat so, doch gerade hier bestünde die Chance, die Inkompatibilität der verschiedenen Gesetze zu beachten und konstruktive Vorschläge zu machen. Warum sind Altersgrenzen für bestimmte Berufsgruppen zulässig (Seite 83, letzter Absatz)? Die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit ist eine individuelle Angelegenheit und kann nicht durch irgendwelche Grenzen beschränkt werden.

Bedenklich stimmt es auch, dass der Entwurf geeignet ist, die in der Bundesrepublik üblichen Sektenvorschriften auszuhebeln. In der Konsequenz des Gesetzes dürfte nämlich jemand wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Sekte auch nicht benachteiligt werden.

In der Zusammenfassung kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass dieser Entwurf gründlich überarbeitet und "entschlackt" werden müsste. Auch müssten für einige Begründungen die Quellen angegeben werden. Der Hinweis "mehrere Untersuchungen belegen" ist nicht ausreichend für eine nachvollziehbare Gedankenführung.

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Stellungnahme
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