Wissenschaftlicher Beirat beendet Blockade der Gesprächspsychotherapie

Der "Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie (WBP) bei der Bundesärztekammer" hat am 16. Mai 2002 den Beschluss gefasst, den Ländern zu empfehlen, das wissenschaftlich anerkannte Verfahren Gesprächspsychotherapie zur vertieften Ausbildung nach dem Psychotherapeutengesetz "zuzulassen". Nach zweieinhalbjähriger Verzögerung hat der WBP damit die Erkenntnisse der nationalen und internationalen Wissenschaft nachvollzogen, die bereits 27 Jahre zuvor in der Psychiatrie-Enquete von 1975 zur Empfehlung der Gesprächspsychotherapie als Kassenleistung geführt hatten und seither weiterentwickelt wurden. Dem Vernehmen nach soll der WB-Beschluss nur für die Behandlung von Erwachsenen gelten, die Behandlung von Kindern und Jugendlichen soll von der Empfehlung nicht erfasst sein.

Die rechtswidrige Differenzierung in "wissenschaftlich anerkannte Verfahren" und "wissenschaftliche Verfahren, die zur vertieften Ausbildung empfohlen werden", wurde damit allerdings noch nicht aufgegeben. Daher darf man gespannt sein, zu welchen Ergebnissen der WBP bei seiner Begutachtung der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie kommen wird, zu der ihm im November 2001 eine Dokumentation durch das WBP-Mitglied Prof. Rainer Richter eingereicht wurde. Die Länder werden die staatliche Anerkennung von Ausbildungsstätten mit vertiefter Ausbildung in GT nicht mehr mit der Begründung verweigern können, die GT sei nicht dafür empfohlen und sie seien in ihrem Verwaltungshandeln daran gebunden. In den laufenden Verwaltungsverfahren in Hessen und Niedersachsen und in den Verwaltungsgerichtsprozessen in Bayern, Sachsen und NRW (vgl. GwG-Zeitschrift 1/2002, S. 60 f.) werden die Länder kurzfristig erklären müssen, dass sie die Ablehnungsbescheide aufheben, soweit sie auf die jetzt geänderte WBP-Empfehlung gestützt wurden. Über die Hintergründe des unerwarteten Sinneswandels im WB kann nur spekuliert werden. Die GwG begrüßt die überfällige neue Empfehlung; sie liegt im Interesse der psychotherapeutischen Versorgung, der berufsrechtlichen Entwicklung der PsychotherapeutInnen und der GwG. Die Empfehlung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Konstruktion des WBP, sein Selbstverständnis, seine Kriterienbildung und seine Arbeitsweise fachlich und rechtlich mit den Rechten und Interessen der neuen Heilberufe nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

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