PM: Fusion mit Risiken

BDP sieht schwierigen Integrationsprozess für neue deutsche Großbank voraus

Aus wirtschaftspsychologischer Sicht birgt die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank einige erhebliche Risiken. Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) sieht für das Management Probleme in mehreren Bereichen. Dass die Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter Informationen zur Fusion nicht von ihren Vorgesetzten, sondern aus den Tageszeitungen erfuhr, bringt die Führungsebene in Zugzwang, was das Informationsmanagement betrifft. Die Beantwortung der Frage, wer wann wie viele Informationen erhält, ist durchaus relevant für den Erfolg der Fusion, so BDP-Vizepräsidentin Thordis Bethlehem.
Den Optimismus vom Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank, Herbert Walter, dass "beide Institute hervorragend zusammen passen" und diese zukunftsfähige Institution in den kommenden Monaten partnerschaftlich und kollegial gestaltet werde, teilt sie nicht in vollem Umfang. "Bei dieser Fusion geht es um eine horizontale Integration. Die damit verbundenen Anforderungen sind in der Regel besonders hoch, weil sämtliche betrieblichen Funktionen und Faktoren aufeinander abzustimmen sind, sich ergänzen bzw. ersetzen sollen." Das betreffe den gesamten Managementstil - Risikobereitschaft, Kontroll- und Entscheidungsverhalten und das Verständnis der Führungsrolle.
Die Dresdner Bank habe zudem die Übernahme durch die Allianz 2001 noch nicht restlos verdaut, was jedoch nicht bedeute, dass die seit längerer Zeit von Übernahmegerüchten gestressten Commerzbank-Mitarbeiter es mit der Fusion insgesamt leichter haben als ihre Kollegen.
Viel wird davon abhängen, ob der Analyse der Unternehmenskultur bereits im Vorfeld genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Erfahrungen zeigten, dass der Kulturaspekt und die Motivation aller Beteiligten (im übernehmenden wie im übernommenen Unternehmen) von entscheidender Bedeutung dafür seien, ob die angestrebten Synergieeffekte erreicht werden oder nicht.
Wie es auf die Motivation wirkt, wenn eine bereits 1872 gegründete Bank ihren Namen verliert, wird sich erst erweisen. Zuviel Dominanz und Kontrolle durch die Commerzbank wären aus Sicht von Bethlehem unklug. "Eine 'wir-sind- besser-Haltung' wäre der ideale Nährboden für einen eher konfliktträchtigen Integrationsprozess." Viel werde davon abhängen, welche Gestaltungs- und Karrieremöglichkeiten sich im neuen Konzern für Mitarbeiter ergeben und wie diese Möglichkeiten kommuniziert werden. Besonderes Augenmerk verdiene im Prozess der Integration das mittlere Management, so Thordis Bethlehem. Es habe eine Schlüsselrolle beim Werben für die Fusion inne und sei gleichzeitig selbst von den Konsequenzen der Übernahme bedroht.

Dass allein die Nachricht von 9000 bevorstehenden Entlassungen zu einer starken Verunsicherung in den Belegschaften beitragen und in einigen Fällen auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit bedeuten kann, ist spätestens seit Veröffentlichung des BDP-Berichts 2008 zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz bekannt. Darin waren die psychischen Folgen sowohl der Arbeitslosigkeit als auch des drohenden Arbeitsplatzverlustes nachgewiesen worden. Solche Effekte stehen im deutlichen Gegensatz zu den angestrebten Zielen einer Fusion - wie z. B. einem verbesserten Kundenservice.

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